Krisenmanagement der Bundesregierung hat sich mit Fortdauer der Krise verschlechtert – zu starker Fokus auf Selbstdarstellung
- Test- und Impfchaos Folge mangelnder Strategie und fehlender Vorbereitung
- Teils verkrustete Strukturen, etwa im Bildungswesen, unterminieren Haltung in der Bevölkerung
„Mit der Einleitung eines bundesweiten Lockdowns am 16. März 2020 reagierte die österreichische Bundesregierung drastisch, aber richtig auf den Ausbruch der COVID-19-Pandemie. Anfangs war Österreich dadurch europaweites Vorbild. Mit dem Fortdauern der Krise verschlechterte sich jedoch das Krisenmanagement. Zunehmend konzentrierte sich die Bundesregierung auf Selbstdarstellung denn auf die Bekämpfung der Pandemie und die Bewältigung der Krise“, bilanziert Bürgermeister Klaus Luger.
„Das Test- und Impfchaos sind die Folge dieses fehlenden Krisenmanagements“, ist das Linzer Stadtoberhaupt überzeugt. „Der Sommer nach dem ersten Lockdown wurde definitiv zu wenig genutzt, um sich auf verstärkte Testungen und den Beginn der Impfungen entsprechend vorzubereiten. Zum Mangel an Strategie und fehlender Vorbereitung, die beim Testen nur durch einen gemeinsamen Kraftakt von Ländern, Städte- und Gemeindebund wettgemacht werden konnten, kommen teilweise desaströse digitale Strukturen. Das zeigte sich auffällig im Bildungswesen, wo das Homeschooling nicht in die Gänge kam und so das Verständnis der Eltern für die Maßnahmen aus Sorge um die Entwicklung und Bildung der Kinder zusehends abnahm“, so der Präsident des Oberösterreichischen Städtebundes weiter.
„Der aktuelle Streit in der Bundesregierung ist dabei auch nicht hilfreich. Die türkis-grüne Regierungsmannschaft hat ohnehin schon viel Vertrauen in der Bevölkerung verspielt. Jetzt braucht es klare Regeln und haltbare Perspektiven auf eine Normalisierung des Lebens für alle. Dann schaffen wir die nächsten Schritte auf dem Weg aus der Krise“, mahnt Bürgermeister Klaus Luger.
Lockdown I, Frühjahr 2020: drastischer, aber richtiger Schritt – viel Verständnis und Disziplin in der Bevölkerung
Mit dem Auftauchen des zuerst im chinesischen Wuhan auftretenden Covid-19-Virus in Europa sah sich auch die österreichische Bundesregierung mit dieser Pandemie konfrontiert. Bald war ersichtlich, dass eine wirksame Eindämmung nur durch einen umfassenden Lockdown erreicht werden könnte. Dies vor allem auch, weil es notwendig war, die Ressourcen des Gesundheitswesens zur Bekämpfung des äußerst aggressiven Virus zu schützen.
„Durch diesen Lockdown ist es im Frühjahr 2020 gelungen, die Ausbreitung des Virus tatsächlich einzudämmen“, blickt der Vorsitzende des Städtebundes Oberösterreich, Bürgermeister Klaus Luger, zurück. „Vor allem ist dies gelungen, da die Bevölkerung viel Verständnis für die gesetzten Maßnahmen zeigte und sich mit großer Disziplin an die Beschränkungen des öffentlichen und privaten Lebens gehalten hat“, so Luger weiter. Die Bevölkerung hatte damals großes Vertrauen in die Bundesregierung, obwohl bereits damals erste Mängel im Krisenmanagement sichtbar wurden, etwa bei der mangelhaften juristischen Qualität des so genannten „Ostererlasses“. Das Einhalten der Regeln führte etwa dazu, dass ab Ende März eine deutliche Abflachung der Infektionskurve zu beobachten war:
Sommer 2020 – positive Hilfspakete, Krisenmanagement mit ersten großen Versäumnissen
Die Mängel im Krisenmanagement wurde vor allem im Spätsommer sichtbar. Nach den Öffnungsschritten im Mai kehrte alsbald wieder die normale Lebensqualität nach Österreich zurück. Allerdings mit zweierlei düsteren Aussichten: bald warnten Wirtschaftsforscher, dass die Konjunktur maßgeblich eingetrübt sei. Und Experten sowie der Gesundheitsminister selbst warnten vor einer zweiten Welle im Herbst, wenn die „normale“ Grippe auf das Corona-Virus treffen würde. Die Warnungen vor dem Einbrechen der Konjunktur führten wenigstens zum Schnüren von Hilfspaketen. Unter anderem wurde das Kommunale Investitionsgesetz (KIG) beschlossen, dank dem und aufgrund eigener Kraftanstrengungen die Stadt Linz den 65 Millionen Euro schweren „Pakt für Linz“ schnüren konnte. „Wir investieren in Bildung, das soziale Netz, Sport, Kultur und Infrastruktur. So hoffen wir, dass wir nach der Krise rasch zum Anspringen der Wirtschaft beitragen können“, erklärt Bürgermeister Klaus Luger.
Die Warnungen vor der zweiten Welle hingegen verhallten, vor allem im zuständigen Gesundheitsministerium selbst. „Der Sommer wurde nicht ausreichend genutzt, um die Menschen und das Land vorzubereiten. So wurden Massentests, die es braucht, um das Infektionsgeschehen besser einzuschätzen, viel zu spät vorgesehen. Als es dann Anfang Dezember soweit war, bedurfte es eines gemeinsamen Kraftaktes der Länder mit dem Städte- und Gemeindebund, damit wir nicht im Testchaos des Bundes untergehen“, blickt das Linzer Stadtoberhaupt kritisch zurück.
Besonders fatal sollte sich die Säumigkeit bei der Planung von Impfungen in Folge entpuppen. Wenngleich nicht ersichtlich war, zu welchem Zeitpunkt welche Impfstoffe zur Verfügung stünden, wäre es Aufgabe des Gesundheitsministers gewesen, die organisatorischen Schritte konkret festzulegen. So wäre es verhinderbar gewesen, dass der völlig überforderte Bund nach mehreren Fehlplanungen die Kompetenz für die Durchführung der Impfungen an die Bundesländer übertrug.
Mit ausschlaggebend für das Chaos war neben der mangelnden Vorbereitung die teilweise desaströse digitale Ausstattung. OÖN-Chefredakteur Gerald Mandlbauer sprach am 17. Jänner 2021 zu Recht von der „Digitalen Ernüchterung“. Die Kluft zwischen der österreichischen Selbsteinschätzung und dem tatsächlichen Status sei in der Digitalität am größten, Corona würde das Dauergerede vom hervorragenden Digital-Standort als Mär entlarven, resümiert er. „Das ist leider richtig. Nicht nur im Gesundheitswesen, wo sich insbesondere beim E-Impfpass der Rückstand aufzeigt, sondern auch im Bildungswesen, wo Homeschooling Eltern und PädagogInnen mangels einheitlicher Standards und Ausrüstung zur Verzweiflung treibt“, weiß Bürgermeister Klaus Luger aus vielen Gesprächen.
Während etwa die Staatschulden durch die Corona-Hilfsmaßnahmen steigen, hat sich im vergangenen Jahr die Kriminalität halbiert, berichten andere Medien. Wobei Gewalt in der Familie und Cyber-Kriminalität unter den gegebenen Umständen zugenommen haben, berichtet etwa der „Kurier“ im Februar.
Auf – Zu – Teilweise Auf – eine Achterbahn der Regeln und mangelnde Vorbereitung aufs Impfen
Mit dem zweiten Lockdown im Herbst sollte die zweite Welle eingedämmt werden, vor der unter anderem das Gesundheitsministerium im Frühsommer gewarnt hatte – ohne jedoch selbst wesentliche Schritte dagegen einzuleiten. „Zuerst hat das Ministerium eine funktionsuntaugliche Ampel vorgelegt, bei der das Zustandekommen der Farbschaltung bis heute nicht restlos aufgeklärt wurde. Die mit Dezember viel zu spät angesetzten Massen- und Dauertests konnten nur dank der gemeinsamen Anstrengung von Ländern, Städten und Gemeinden bewältigt werden. Bei den ersten vorsichtigen Öffnungen wurde den Tourismusinteressen viel zu sehr nachgegeben – während die Vorbereitungen der Impfungen wieder Ländern, Kommunen und Hausärzten überlassen wurde“, ärgert sich Luger.
Vor allem die Achterbahn-Fahrt bei den Regeln und die Intransparenz, wie sie zustandekommen, sorgt für Ermüdung bei den Menschen. „Das Zahlen-Chaos rund um die Infizierten in Tirol, von dem etwa die Kronenzeitung am im Februar berichtet, führt dazu, dass die Menschen zunehmend das Vertrauen in der Bundesregierung verlieren“, ist Städtebund-Präsident Klaus Luger überzeugt. „Erst wurde aufgesperrt, dann wieder alles zugesperrt, jetzt ein bisschen aufgesperrt – und niemand erklärt schlüssig, worauf diese Entscheidungen beruhen“, zeigt Luger Verständnis für die zunehmende Verständnislosigkeit. „Während bei der Corona-Ampel mindestens vier offizielle Faktoren ausschlaggebend waren, soll es jetzt nur noch eine Zahl sein. Und das, obwohl die Kapazitäten im Gesundheitswesen dank der fortschreitenden Impfungen aktuell weit weg von jeder Belastungsgrenze sind“, meint Luger im Blick auf die einstellig prozentuelle Auslastung der Intensivkapazitäten. Von einer zweiten Welle wie im Herbst ist Linz jedenfalls derzeit entfernt:
Fazit: in einem Jahr wurde einiges richtig gemacht, jedoch ab Juni viel verpatzt – jetzt braucht es neue, klare Regeln und haltbare Perspektiven für das Leben mit dem Virus
Bürgermeister Klaus Luger ist überzeugt, dass nach einem Jahr Corona-Pandemie vor allem eines deutlich ist: „Das Virus wird nicht verschwinden, wir werden daher damit leben lernen müssen. Nach all den Versäumnissen im vergangenen Jahr, die uns vom Musterschüler zum Schlusslicht in so vielen Belangen werden haben lassen, braucht es jetzt souveräne Klarheit statt kleinkariertem Streit“, mahnt das Linzer Stadtoberhaupt die Bundesregierung. „Der Impfstreit mit der EU und innerhalb der Bundesregierung muss raschest gelöst werden. Wir sollten uns auf ein Regelwerk verständigen, das für alle nachvollziehbar gilt, und auf Perspektiven für ein normales Leben mit dem Virus. Nur so wird die Bundesregierung das Vertrauen in der Bevölkerung zurückgewinnen. Die Kommunen stehen bereit, für das Impfen mit der benötigten Infrastruktur weiter auszuhelfen, bis eine entsprechend hohe Impfquote erreicht ist und die Hausärzte alleine zurechtkommen“, so Bürgermeister Klaus Luger abschließend.